Kampf um die Ache 1971–1987
Die Demonstration, ihr Widerhall in weiten Teilen des Landes, der Medien, der Politik, weckte reges Interesse. Wird sich Kramsach gegen die Macht der E-Wirtschaft durchsetzen können? Viele erfahrene Mithelfer berieten die jungen Akteure: DI Rudolf Egger, einst Chef über das Kraftwerk Moosau, später Stadtwerksdirektor in Schwaz, kannte den stetigen Kampf um das Restwasser und die stark wechselnden Quellschüttungen der Kalkalpen. Forstmeister DI Rosenberg hatte nach Hochwässern mit teurer Beseitigung von Wildholz und Tierkadavern zu tun. Max Korff-Krokisius suchte schon 1971 Verbindung zu Zeitungen, Umweltschutzverbänden im In- und Ausland. Das »Schlauchreiten« auf der Ache – einzigartig in Tirol – wurde rasch zum Renner der Jugend. Es wurde organisiert unter gekonnter Betreuung der Sportler Hermann und Alfred Auer, Hermann Mader (Zeitnehmung), Adi Unterwaditzer, Josef Simon mit großer Siegerehrung samt Preisen. Heiß begehrt waren die jährlichen Wiederholungen. Bei den Gästen fand der Achenmarsch durch die Klammen unter Führung von Elmar Widmann (Turnerschaft) großen Anklang. Großveranstaltungen mit Spitzenkönnern im Paddelsport bei den bayrischdeutsch-europäischen Staatsmeisterschaften warben mit hunderten Teilnehmern für die Erhaltung dieses einmaligen Flusslaufs. Berichte darüber füllten die Medien. Unzählige Freiwillige, deren Namen den Bericht sprengen würde, bewältigten Verkehrsregelung, Platzzuweisung, Errichtung der Zugangssteige, Startplätze, Kabelverlegungen etc. Sepp Kreidl half mit dem Fuhrpark seiner Firma. Durch Walter Rampls beherzten Einsatz in letzter Minute endete eine dramatische Rettung eines Kanuten am alten Rechen glimpflich: Boot und Fuß des Unglücklichen waren durch Piloten hoffnungslos gefangen, Hochwasserwellen schwappten über ihn. Walter, mit einer Hand an einem Weidenzweig hängend, stützte in letzter Minute den völlig Erschöpften. Eine Säge und die erlösende Aufnahme bei Fam. Fritz Volland gaben dem völlig Ermatteten und Unterkühlten wieder Lebenskraft. Walter Rampl erhielt für seine Tat die Lebensrettungsmedaille. Nach Jahren veranlassten die ständigen Proteste und Unwägbarkeiten beim Stollenbau Kufstein, sein verheerendes Erstprojekt aufzugeben. In der Moosau sollte nun das Kraftwerk stehen, das scheiterte aber am Widerstand der Montanwerke und erzwang, das Kraftwerk flussaufwärts zum Kreuzbach zu verlegen. Diese »Kleinvariante« (Stau Wieslklamm – Druckstollen Kreuzbach) weckte die TIWAG, welche die Steinberger Ache für ihren Achensee beanspruchte. Ohne diesen Zufluss war das »Kleinprojekt« wirtschaftlich stark beeinträchtigt. Da fanden sich Kufstein und Montanwerke zum gemeinsamen Großprojekt: Staumauer an der Pineggklamm, Speichersee bis knapp unter das Kaiserhaus und wie beim ersten Projekt sollte das Kraftwerk am Inn stehen. Brandenberg sollte mit Zuwendungen ein »JA« abgelockt werden und die Montanwerke boten den »Innerortern« (Grundbesitzer hinter Pinegg) Gründe in Kramsach. Beeindruckt von den brutalen Enteignungen in Graun (Reschenpass), verlangte LH Wallnöfer die freie Zustimmung der Grundbesitzer. Beim Gwercherwirt sollte abgestimmt werden. Die Hilfe: Pfarrer Hirn geißelte die Gewinnsucht zum Schaden anderer und verwies auf das zehnte Gebot. Da wallte das Tiroler Blut der Innerorter auf: »Bei uns gibt’s nix. Nix um koan Preis!«. Damit war am 1. Oktober 1982 das Großprojekt gefallen. Jetzt blieb nur das schon genehmigte »Kleinprojekt«. Kraftwerksexperten bezweifelten die Kufsteiner Berechnungen für Stollenbohrung und Freileitung. Dr. Dillersberger entschied sich nach all dem für die Erhaltung der umkämpften Landschaft, unterlag im Gemeinderat, gewann aber die Herzen vieler Kufsteiner, denen das Doppelspiel »Naturschutz im Kaisergebiet : Kraftwerksbau in Brandenberg« nicht gefiel. Jetzt zog ich mit Hubert Marksteiner und dem von Oberförster Finkernagl ermöglichten Triftfilm herum – über Tirol hinaus bis nach München –, fand Beifall und Verständnis für die Erhaltung der Ache. Das alles, die Appelle der Naturschutzvereine, die Postkartenaktion an Kufsteins Bevölkerung, brachte die Kippe. Zur Abstimmung im Gemeinderat konnten dem neuen Bürgermeister Held am 13. März 1987 mehr als 2.000 Rückpostkarten überreicht werden. Knapp, nur mit der Stimme des Bürgermeisters, fiel das »Aus«. Der jahrelange Protest hatte sich gelohnt. Zahlreiche Einheimische und Gäste nützen seither in den heißen Sommertagen das kühle Wasser der Ache für Abkühlung, Spiel und Erholung, und jeden Tag erfreut uns alle ihr Rauschen, das Leben an und mit ihr. Die Ache steht seitdem auf Tiroler Boden unter Naturschutz.