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Die Landessäge 1935: In den 1930er Jahren musste die Hälfte der Belegschaft entlassen werden. (Geodaten = Sägewerksturm)
1935
Unbekannt
Norbert Wolf

Das Tiroler Landessägewerk geht in Betrieb
30.05.1921

1921: In Kramsach wird das größte Sägewerk des Landes Tirol aus Landesmitteln erbaut.

Nach Fritz Steinegger im »Buch von Kramsach«, 1972, S. 337 ff:

Die Entstehungsgeschichte

»Im Jahre 1920 entschädigte das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft das Land Tirol für die entgangenen ansehnlichen Einnahmen aus der bis dahin vom Lande allein durchgeführten Holzbewirtschaftung im Brandenbergtal mit jährlich 20.000 Festmeter verbilligt abzugebenden Rundholz I. Qualität innerhalb dreier Jahre.

Das Land Tirol stand nun vor der Aufgabe, die anfallenden 60.000 Festmeter Holz für das Land möglichst schnell gewinnbringend zu verwerten. Darauf hin bekamen die Landesholzstelle und das Landes-Landwirtschaftsamt den Auftrag, gemeinsam mit den Sägewerken in Kramsach zu verhandeln, um einen raschen Verschnitt der auf dem Ländplatz aufgestappelten Stämme zu bewerkstelligen.

Tatsächlich gelang es, eine Partie von 7500 Festmeter Rundholz im Lohnschnitt beim Sägewerk des Messingwerkes Achenrain unterzubringen. Doch war das Offert der zweiten, wesentlich größeren Säge wegen zu hoher Preisforderungen für das Land unannehmbar.

Da die Österreichischen Bundesforste die baldige Räumung der Lände verlangten, drängte sich die Entscheidung, an den Bau einer landeseigenen Säge zu denken, direkt auf, zumal der Bund einen geeigneten Bauplatz mit Geleiseanschluß zum Bahnhof Brixlegg in der Bramböckau zu vorteilhaften Bedingungen anbot. Zusätzlich garantierte das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft der Tiroler Landesregierung die Zuteilung von 40.000 Festmeter für zwei weitere Jahre.

Nach Einholung von entsprechenden Offerten der Tiroler Bauwirtschaft und für die anzukaufenden Holzverarbeitungsmaschinen beschloss die Tiroler Landesregierung auf Grund erschöpfender Berichterstattung und Planeinsichtnahme unter der Auflage, daß die veranschlagte Bausumme von 11.100.000 Kronen nicht überschritten werden dürfe, in ihrer Sitzung vom 19. Jänner 1921 den Sägewerksbau. Der mit den Stimmen der sozialdemokratischen Regierungsmitgliedern Artur Foltin und Dr. Franz Gruener zustande gekommene einstimmige Regierungsbeschluss löste in der Öffentlichkeit heftige Kritik aus und lieferte den Gegnern dieses Projektes und der Tagespresse wochenlang ausgiebigen Gesprächsstoff.

Es ist verständlich, daß der Tiroler Sägereiverband, wenn auch vergebens, den Sägewerksbau verteufelte, fürchtete er doch einen Auftragsrückgang für seine Mitgliedsbetriebe. Namentlich die Abgeordneten der Großdeutschen Volkspartei warnten im Landtag vor dem fehlschlagenden Projekt. Aber es gab kein Zurück mehr. In kürzester Bauzeit, in 66 Tagen, erstellte das technische Büro Ing. Julius Gruder in Innsbruck das damals modernste und größte Sägewerk in Tirol. Die aufgelaufenen Baukosten lagen mit 10.928.432 Kronen 90 Heller unter dem Präliminare. Die örtliche Bauleitung besorgte Baumeister Josef Schmidt, die bauausführenden Firmen waren Baumeister Thomas Huber aus Kirchbichl, Zimmermeister Michl Schraffl aus Radfeld und die Schlossermeister Gaßner und Fritsche in Hopfgarten.

Die Landessäge geht in Betrieb

Die Landessäge konnte pünktlich am 30. Mai 1921 in Betrieb genommen werden. Die Anlage umfaßte 1 Sägehalle 20 x 16 m, daran angebaut die Sortierhalle, 1 Kistentischlerei, den Kanzlei- und Schleifereitrakt, 1 Sägespänsilo, 1 Transformatorenhäuschen mit 156 Kilovoltampere-Leistung, 1 Pumpenhaus und das Verwaltungsgebäude. Die maschinelle Einrichtung bestand aus 3 Vollgattern von 750, 650 und 550 Millimeter Rahmenweite, 1 Doppelspaltgatter, 1 Doppelkreissäge, 1 einfachen Besäumsäge, 1 Pendelsäge, Hobelmaschinen, 1 Schleifmaschine, Baumstammaufzüge und 1 Schiebebühne. Die Tageskapazität betrug 70 Kubikmeter Holz.

Anläßlich der feierlichen Übergabe in Anwesenheit von Landeshauptmann Dr. Franz Stumpf am 30. Juli 1921 wurde eine von Josef Eller aus Untersberger Marmor geschaffene Gedenktafel enthüllt, auf der die Namen der um den Bau verdienten Männer und Firmen standen.

Zur Aufklärung der Bevölkerung ließ die Tiroler Landesregierung einen Film über die Holztrift und die Arbeitsvorgänge in der Säge drehen.

Das Landessägewerk leiteten 1921–1931 Eduard Schmarl und Hermann Schuster, 1931–1938 und 1945 Oberbuchhalter Karl Parzer.

Anfänglich beschäftigte die Landessäge 70–80 Arbeiter und verschnitt jährlich 15-18.000 Festmeter Rundholz zu Brettern. Der überwiegende Teil davon wurde nach Italien, Deutschland, Frankreich und in die Schweiz ausgeführt.

Von 1931–1938 kam es zu drastischen Arbeiterentlassungen. Der Beschäftigtenstand war mit 38 Arbeitern und 5 Angestellten der niedrigste überhaupt. In den Jahren 1939–1945 ist das Personal um 5 Säger und 2 Verwaltungsbedienstete erhöht worden.

Der Reichsgau Tirol-Vorarlberg verpachtete die Landessäge 1939 an lng. Eduard Böcklinger. (…)

1945: Ausgebombt und wieder aufgebaut

Beim Luftangriff auf die Eisenbahnbrücke in Brixlegg am 19. April 1945 wurde das Landessägewerk total ausgebombt. Der von den amerikanischen Besatzungstruppen eingesetzte kommissarische Direktor Pscherer schätzte die Kriegsschäden auf 14.700 Reichsmark.

Über Betreiben von Bürgermeister Salzburger stellte die neukonstituierte Tiroler Landesregierung am 20. August 1945 für den Wiederaufbau des Landessägewerkes 16.000 Reichsmark bereit. Gleichzeitig wurde dem lng. Böcklinger der Pachtvertrag gekündigt und der 1938 entlassene Karl Parzer neuerdings zum Direktor ernannt.

Im Anschluß daran führte die Kramsacher Holzverwertungsgenossenschaft das wieder errichtete Sägewerk weiter.« (Fritz Steinegger)

»Obmann dieser Genossenschaft war Hans Moser (Gidebauer). Jährlich wurden rund 10.000m3 Rundholz, das im Triftwege von Brandenberg nach Kramsach gelangte, verarbeitet.« (Norbert Wolf, Gemeindezeitung 2008-01, S. 2)

1967: Das Ende

»Ende der 1950er Jahre wurde das Sägewerk vom Tiroler Waldverband übernommen und in der späteren Folge von den Bundesforsten weitergeführt. Wirtschaftspolitische Überlegungen führten letztlich zur Schließung des Betriebs.« (Norbert Wolf)

1967: Das Aus für die Landessäge: Die 1967 liquidierte Holzwerke Ges. m. b. H. war zeitweilig führend als Produzent von Schnittholz, Kisten und Betonverschalungsplatten.« (Fritz Steinegger)

Nachwehen

»Das endgültige ›Aus‹ für den Traditionsbetrieb kam schließlich Ende der 1980er Jahre: Fast vergessen ist das dubiose Planungsvorhaben eines Itterer Jungunternehmers – sogar der Abriss des Sägewerks verzögerte sich nach dem finanziellen Desaster über mehrere Monate.


Autor:
Andreas Oberhauser
Kategorien:
Quellen:
Hanns Bachmann: Das Buch von Kramsach, 1972;

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Sommer 1953: die Belegschaft des Landessägewerks.
Die Belegschaft des Sägewerks vermutlich während des Zweiten Weltkriegs (Alter geschätzt)
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