1870 gab es in Tirol 5 Glashütten. Das Zentrum der (europäischen) Glasindustrie lag aber in Böhmen. Dort gab es zur selben Zeit 82 Glashütten und Tausende Glasveredelungsbetriebe. Und dort, im böhmischen Städtchen Steinschönau, wurde 1856 auch die erste Schule für Glaserzeugung und -verarbeitung errichtet. Diese »kann auch als Vorgängerin der Glasfachschule Kramsach angesehen werden« (Walter Altrichter, S. 295) 1945, nach der Niederlage des Deutschen Reichs im Zweiten Weltkrieg, kam das Sudetenland zur damaligen Tschechoslowakei – »am 20. Juni 1945 musste die Bevölkerung von Steinschönau ihre Heimat verlassen. Auch die Fachschule gehörte damit der Vergangenheit an« (Altrichter, S. 296) Der ehemalige Direktor der Schule in Steinschönau, Alfred Dorn, sowie C.V. Rettl und Hans Harald Rath (Inhaber der Glasraffinerie I.&L. Lobmeyer) fassten den Plan, die Schule in Österreich wieder zu errichten – und da kam der Standort Kramsach mit seiner jahrhundertealten Tradition des Glasmachens (die Glashütte wurde 1933 stillgelegt) ins Gespräch. Zunächst wurde eine Fortbildungsschule in Rattenberg eingerichtet, gleichzeitig wurden Planungs-, Vorbereitungs- und Bauarbeiten in Kramsach zur Errichtung einer Glasfachschule durchgeführt und am 10. Jänner 1948 nahm sie als »Berufsschule für das glasverarbeitende und glasveredelnde Gewerbe« ihre Tätigkeit auf: »In die erste Fachschulklasse waren 15 Schüler eingetreten, von denen 8 aus Kramsach, die restlichen aus der Umgebung und aus Innsbruck stammten« (ebd., S. 297). Das Gebäude befand sich mehr oder weniger im Zustand eines Rohbaues, sanitäre Einrichtungen fehlten und die Beheizung mit primitiven Öfen und die Reinigung der Räume mussten noch immer durch Schüler erfolgen. Die Glasfachschule um das Jahr 1960. (Bild zur Verfügung gestellt von Markus Bauhofer – vielen Dank!) Norbert Wolf & Andy Oberhauser (Quelle: Walter Altrichter: »Die Glasfachschule Kramsach«, in: Das Buch von Kramsach, Hg. Hanns Bachmann, 1972)